Reproduktionskontrolle – Ein Frauenprivileg?

Verhütungsmethoden gibt es viele. Onmeda kennt insgesamt 29 Verschiedene. Freilich sind nicht alle sicher oder für sich alleine zu empfehlen. Von den vorgestellten Methoden eignen sich genau 3 für Männer:

  1. Vasektomie (0,1)
  2. Kondom (0,2 – 4)
  3. Coitus interruptus  (4-18)

Es gibt natürlich einen einfachen Grund für dieses Ungleichgewicht. Eine Frau produziert pro Monat ein befruchtungsfähiges Ei. Männer pro Sekunde circa 1200 Spermien. Pro Samenerguss werden zwischen 40.000.000 und  900.000.000 Spermien abgegeben. Die aus medizinischer Sicht deutlich einfachere Aufgabe dürfte damit klar sein. Bereits ein einziges erfolgreiches Spermium reicht für eine Befruchtung.

Situation

Nach einer Studie des Guttmacher-Institutes ist in der USA jede 2. Schwangerschaft ungewollt.  Beim Arbeitskreis Lebensrecht ist von 30%  ungewollter Schwangerschaften (2003) die Rede. Das Schreckgespenst von der »Zwangsvaterschaft« scheint gar nicht so unrealistisch.

One-Night-Stand

Für den One-Night-Stand mit flüchtigen Bekanntschaften sollte sich jeder Mann strikt an das Kondom halten. In so einem Fall fehlt schlicht die Vertrauensbasis und das Risiko von Geschlechtskrankheiten ist nicht zu unterschätzen. Man sieht Frauen einfach nicht an ob sie zuverlässig verhüten oder im Fall einer ungewollten Schwangerschaft das Kind austragen werden. Was wie eine Anklage an die Frauenwelt klingt ist tatsächlich aber keine. Männern fehlt ab dem Moment des Samenergusses jedes Mitspracherecht. Im günstigsten Fall dürfen wir Männer noch unsere Meinung und Einstellung mitteilen. Die Entscheidung für eine Notfallmaßnahme wie der Pille Danach oder einen Schwangerschaftsabbruch treffen Frauen ganz alleine.

Als Begründung muss Safer Sex völlig reichen.

Beziehung

Man kennt sich, hegt Gefühle füreinander und vertraut sich. Wirklich? Beim Thema Pille für den Mann bekommt man regelmäßig zu hören und lesen, dass Frauen ihren Männern nicht trauen würden. Sie möchten sich nicht darauf verlassen, dass er regelmäßig seine Hormone schluckt. Selbst bei längerfristig wirkenden Präparaten  wird Männern nicht vertraut. Schließlich liegt das Risiko ja bei der Frau. Sie muss einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen oder ihr Leben ändern. Die oft überdramatisierten Todesfolgen von circa 0,005% in Industrienationen wie Deutschland nicht zu vergessen.  Auf ihn kommen im günstigsten Fall Zahlungen von 79.704€ nach Düsseldorfer Tabelle 2013/14 über 18 Jahre zu. Inflationsausgleich, Sonderkosten und Betreuungsunterhalt nicht eingerechnet.

Vertrauen ist offensichtlich eine Sache für sich. Was soll man der Partnerin antworten wenn sie vorschlägt das Kondom in Zukunft weg zu lassen? Schließlich nimmt sie ja die Pille und beide wären frei von Geschlechtskrankheiten. Der Frau in so einer Situation ins Gesicht zu sagen man vertraue ihr nicht? Oder vielleicht den Verdacht erregen man hätte sich andernorts eine Krankheit eingefangen? Davon abgesehen kenne ich niemand der allen ernstes behaupten würde – Sex mit Kondom mache mehr Spaß als ohne.

Ich mag Kondome nicht. Über die Gründe könnte ich einen eigenen Artikel schreiben. Ich sehe aber schlicht keinen Grund mich zu rechtfertigen. Umgekehrt würde ich aber auch keine Rechtfertigung einer Frau erwarten wenn sie die Pille ablehnt. Dabei ist mir durchaus klar, dass die Pille zum Teil erhebliche Nebenwirkungen verursachen kann. Eine für das gemeinsame Liebesleben besonders gravierende Nebenwirkung ist die zwischen 300 und 700% erhöhte Blutkonzentration des Eiweiß-Körpers SHGB. SHGB bindet das Sexualhormon Testosteron an sich und blockiert damit dessen Wirkung. Chronische Sex-Unlust ist die Folge. Natürlich ist die Pille für mich als Mann die bequemste Alternative und ein echtes Bewusstsein für die Konsequenzen muss man sich selbst aneignen.

Konsequenzen

Für Frauen bieten sich einige interessante Alternativen. Zum Beispiel ist die Symptothermale Methode (0,3) gänzlich frei von Hormonen und 100% natürlich. Der entscheidende Nachteil ist der deutlich höhere Aufwand sowie die größere Gefahr von Anwendungsfehlern. Allerdings gibt es Verhütungscomputer und Apps um die Anwendung zu unterstützen. Deutlich komfortabler ist die, ebenfalls hormonfreie, Kupferspirale (Intrauterinpessar) (0,5 – 2,7). In Kombination mit geeigneten Spermiziden dürfte die Sicherheit ebenfalls die der Pille erreichen. Nebenwirkungen gibt es allerdings auch hier.

Alternativen für Männer werden seit Jahrzehnten gesucht. Alle paar Jahre gibt es in den Medien vielversprechende Artikel. Regelmäßig finden sich dann auch Meldungen warum es mit der Pille für den Mann nun doch nicht klappt. Interessant in diesem Zusammenhang ein Interview mit Professor Nieschlag beim Spiegel.

Die Gynäkologen fürchten schlicht Konkurrenz. Die Urologen wiederum haben Angst, dass die lukrativen Vasektomien durch die Pille für den Mann ins Hintertreffen geraten könnten. Das sind nicht nur Behauptungen von mir, das lässt sich belegen.

Und dann sind da natürlich noch die Pharmakonzerne die sich ungern selbst Konkurrenz machen wollen. Von der Angst vor neuen Klagen wegen neuer Nebenwirkungen ganz zu schweigen. Wenn ich mir die Nebenwirkungen der Antibabypille so ansehe kann ich das durchaus verstehen.

Ein weiterer unerwünschter Nebeneffekt ist die Anreicherung der ausgeschiedenen Hormone im Trinkwasser. Unsere Kläranlagen besitzen keine Möglichkeit diese herauszufiltern. Damit wird beispielsweise die schwindende Spermienproduktion bei Männern in Verbindung gebracht. Das klingt auch deshalb überzeugend, das die Pille für den Mann unter anderem auf, in der Antibabypille ebenfalls genutzten, Gestagene basiert.

Vielversprechende Alternative

Vasalgel

Eine hochinteressante Alternative scheint das Vasalgel zu sein. Dabei handelt es sich um ein Polymer-Gel das in die Samenleiter injiziert wird. Die Funktionsweise ist mit der einer Vasektomie vergleichbar und damit voraussichtlich ebenso sicher. Das Vasalgel basiert auf einem jahrzehntelang erforschten indischen Präparat Namens RISUG. Der Eingriff dauert circa 10 Minuten. Das war’s für bis zu 10 Jahre. Das Präparat kann auf Wunsch jederzeit ausgespült werden.

Zwölfmonatige Tierversuche an Hasen wurden bereits erfolgreich abgeschlossen. Aktuell sammelt die Parsemus Foundation Gelder um den entscheidenden Test an Pavianen noch 2014 starten zu können. Die letzte Hürde bevor Studien an Menschen gemacht werden können.

Das Interesse von Pharmakonzernen hält sich in Grenzen, da mit solchen Langzeitpräparaten nicht viel Geld verdient werden kann und der Verkauf der Antibabypille deutlich lukrativer ist.

Ohne Spenden wird das Projekt zum scheitern verurteilt sein.

Clean Sheets Pill

Die Clean Sheets Pill  ist ein ebenso interessante Projekt und krankt an der Finanzierung. Interessant ist das Präparat insbesondere deshalb weil es verhindert, dass Spermien abgegeben werden. Der dadurch erzeugte trockene Orgasmus wäre eine optimale Ergänzung um das Infektionsrisiko mit HIV einzudämmen. Dem Projekt fehlen derzeit $300.000 für eine Studie an Schafböcken.

Die größte Schwierigkeit liegt in der vermuteten niedrigen Akzeptanz: »Fühlt sich ein Mann ohne Ejakulat noch als Mann obwohl sich der Orgasmus genauso anfühlt?«

In Form einer Pille reicht eine Einnahme 2-3 Stunden vor dem Geschlechtsverkehr. Die Wirkung hält dann zwischen 16 und 24 Stunden an. Möglich ist auch eine permanente Version als Implantat.

Fazit

Bei zwischen 30 oder gar 50% unerwünschten Schwangerschaften dürfen wir Männer uns nicht ausschließlich auf Frauen verlassen. Wir brauchen vergleichsweise komfortable Möglichkeiten um die Kontrolle über eine selbstbestimmte Reproduktion zu erhalten. Um das zu erreichen ist öffentlicher Druck notwendig. Es liegt an uns vielversprechende Projekte bekannt zu machen und zu unterstützen. Ebenso liegt es an uns jungen Männern die Konsequenzen für ihr eigenes Leben klar zu machen. Politische aber auch wirtschaftliche Interessen arbeiten dabei gegen uns. Selbstverantwortliche Verhütung für den Mann bedeutet für uns vor allem eines: Freiheit

Wir haben unser ganzes Leben dafür gekämpft, die Entscheidung für oder gegen Kinder in der Hand zu haben. Meinen Sie, wir werden das aufgeben?

Betty Friedan

3 Kommentare zu “Reproduktionskontrolle – Ein Frauenprivileg?

  1. Hat jetzt weiniger mit Verhütung zu tun, sondern eher mit den Hormonen. Durch die Pill und deren Hormone, die ja in Kläranlagen nicht herausgefiltert werden können, werden in den Meeren bei einigen Fischarten wohl größtenteils nur noch Weibchen oder paarungsunfähige Zwitter geboren. Eine hormonbasierende Lösung ist also für die Umwelt auch nicht gerade das Beste.

    Hab es nicht gelesen, aber hier steht wohl auch was darüber:

    http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2003/05/22/a0084

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  2. Pingback: Frauen vertrauen, die die Pille nehmen | Alles Evolution

  3. Das Clean Sheets Project finde ich am interessantesten, die Männer sollen auch das Recht auf einer hormonellen Verhütung haben (a.k.a. sicherer, Kondome werden zu oft gerissen). Ich und meine Freundin nutzen Kondome und sie musste die Pille danach schon dreimal in unserer vierjährigen Beziehung einnehmen, weil es Unfälle gab. Diese sind ein Wunder für solche Situationen, aber sind auch eine hormonelle Bombe. Wir haben Vikela gekauft, weil nur diese in Österreich zur Verfügung stehen. Gäbe es die Clean Sheets Pille, würde so ein Unfall nie passieren.

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